Nachtrag credibility – Wenn du nichts Gutes tun kannst, dann sei wenigstens gut in dem, was du tust

von | Jan 14, 2020 | Gesellschaft, Praxis, Werbung | 0 Kommentare

Links ein Motiv aus Kampagne von airbnb, rechts die Reaktion der Berliner…
Quelle: Links – Werbeplakat von airbnb/ Serviceplan;
Rechts – Protestplakat/ http://www.kiezversammlung44.de/2017/02/denn-sie-wissen-nicht-was-sie-tun-airbnb-walk-in-neukoelln-eine-persoenliche-sicht/

Ups, das ist ja mal in die Hose gegangen. Seit Dezember läuft die von Serviceplan erstellte Kampagne, die sich für mehr Akzeptanz von airbnb in Berlin einsetzt. Mit erwartbarem Ausgang.

Dass die Berliner sich beim Anblick von Jasmin und Chris, den beiden sympathischen Botschaftern der Kampagne nicht denken würden, „ach, ja, dit is ja ma ne ennlisch na fanünftje Forderung. Wo mussick unnaschreibn?“ war ab zu sehen. Airbnb hat bei der Berliner Bevölkerung einen denkbar schlechten Ruf, angesichts beispielloser Mietsteigerungen und Wohnungsnot werden tausende (21.100 umgenau zu sein [1.7.2017]) ganze Wohnungen an Touristen vermietet, die dann auf dem Markt fehlen. Feind erkannt, anvisiert und FEUER! Wie geht man jetzt mit diesem Feindbild um? Leugnen, argumentieren, storytelling, gaslighting?

Das Plakat sehen drei relevante Gruppen von Menschen: airbnb-Gegner, airbnb-Befürworter und Indifferente. Die Menschen, die airbnb damit erreichen will, sind die Gegner und Indifferenten. Die Gegner sehen (Wahrnehmungspsychologisch fundiert betrachtet) Jasmin da an einem Tisch sitzen mit Ihrem Minz-Tee und unten das airbnb-Logo. Bis dahin sind im Schnitt 1,9 Sekunden vergangen, jetzt ist beim Gegner das Interesse geweckt und man ließt irgendwann, wenn auch vielleicht nicht beim ersten mal, hasserfüllt den Claim der da fordert, dass Mieten in Berlin bezahlbar bleiben sollen. Dem Airbnb-Gegner platzt jetzt die Hutschnur angesichts so viel Dreistigkeit, ist doch airbnb mitverantwortlich für die hohen Mieten durch Verknappung des Angebotes. „Blanker Hohn! Als nächstes setzt sich McDonalds für mehr Tierwohl ein“ denkt er und bricht ab. Vielleicht liest er noch den Text, der aber auch nur fordert, Airbnb einen erleichterten Zugang zu Berliner Wohnungen zu ermöglichen. Insofern ist diese Kampagne nicht nur 100% an der Zielgruppe vorbei sondern auch in sich unschlüssig. „Scheisse jeloofen, wa?“

Im Falle von Airbnb, die auf eine derart gute aber leider komplexe Faktenlage zurückgreifen können, würden wir empfehlen zu argumentieren. Doch nicht in langen Texten auf Plakatwänden mit Claims, die eh keiner glaubt, sondern kurz und knapp und dem Passanten einen Fakt ins Gesicht geklatscht. Dabei unbedingt bei der Wahrheit bleiben. Kämpft man sich dabei durch die Studie des BmWi, über sharing economy, die auch das Teilen von Wohnraum und seine Folgen berücksichtigt könnte man folgende Themen aufgreifen:

Statistik: Airbnb hat einen verschwindend kleinen Anteil am Berliner Wohnungsmarkt. Würde Airbnb über Nacht Berlin aufgeben, könnte man bei einer 3ZKB-90m² von 1000€kalt mit einer Entlastung von max 5€ rechnen. Unsere Plakate würde dann in etwa so aussehen:

Vorschlag des Kreatariats zur Krisenkommunikation: der gute alte Fact-Slap! Ein Fakt im Vorübergehen ins Gesicht geklatscht und weiter geht´s.

Raison d´etre: Doch 5€ sind schon mal etwas. Begleitend zur Statistik würden wir die informellen Vorteile von airbnb aufzeigen, diesmal etwas emotionaler.

Vorschlag des Kreatariats zur Krisenkommunikation: Emotion meets Sachebene.

So könnte das dann aussehen. Man würde die Vorteile von Fremdenverkehr aufzeigen, ob das Freizeitangebote wären, wie  ein schwimmender Pool in der Spree, Kultur wie Tanz und Theater, kulinarische Angebote zu denen man in Berlin ja nichts schreiben muss, oder total entgleiste Street art, bei der auch mal Tentakel aus Gebäuden schießen. Die Message ist ein klassischer „You only get what you give“ Vergleich. Die Sammlung von assoziativen Bildern auf dem Plakat ist wichtig für die intuitive Informationsaufnahme und das Durchbrechen der Wahrnehmungssperre, die wir alle besitzen.

Natürlich sind wir uns bewusst, dass das Gaslighting ist. Doch es ist gut versteckt und irgendwie ist die Argumentation auch schlüssig. Am besten würde so eine Kampagne natürlich funktionieren, wenn airbnb ernsthaft versuchen würde etwas gegen gewerbsmäßiges Vermieten ganzer Wohnungen zu unternehmen. Wie etwa die Anzahl der Nächte, die ein Gastgeber seine Wohnung vermieten darf unter den Indifferenzwert zu verschieben. Das ist jene Anzahl von Tagen, die man eine Wohnung über airbnb vermieten muss um durch die Vermietung dort mehr Geld zu verdienen, als über eine dauerhafte Vermietung. Somit wäre der Kreis, der Gastgeber wirklich auf diejenigen beschränkt, die eine Wohnung in Berlin brauchen, ab und zu weg sind und so eine Wohnung anbieten können oder jemanden, der eben ein Zimmer frei hat und Leute bei sich wohnen lässt, wozu airbnb ja mal gedacht war. Und Boom! ließe sich das medial verkaufen, Aaalter!. Machen sie aber nicht und da schließt sich der Kreis. Sie machen das, worin sie gut sind.

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